Hausbau

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Das neue oberösterreichische Baurecht

Mit 1. Juli 2013 treten umfassende Änderungen des Oö. Baurechts (Oö. Bauordnung, Oö. Bautechnikgesetz und Oö. Bautechnikverordnung) in Kraft. Es ist laut Oö-Referenten für Baurecht Franz Hiesl charakterisiert durch das Bemühen um einfache Behördenverfahren, leitbareres Bauen/Wohnen und Kinderfreundlichkeit. Bitte wenden Sie sich rechtzeitig, mind. 3 Monate vor jedem geplanten Bauvorhaben unter Tel. 07941/8255-12 bzw. kindermann@neumarkt-muehlkreis.ooe.gv.at im Gemeindeamt an Herrn Helmut Kindermann.

Das neue Oö. Baurecht besteht aus folgenden Novellen:

Datei herunterladen: PDFOö. Bauordnungs-Novelle 2013
Datei herunterladen: PDFErläuterungen zur Novelle

Datei herunterladen: PDFOö. Bautechnikgesetz 2013
Datei herunterladen: PDFErläuterungen zum Gesetz

Datei herunterladen: PDFOö. Bautechnikverordnung 2013

Neuerungen in der Oö. Bauordnung

Erleichterungen bei der Baufreistellung
Aufgrund der positiven und langjährigen Erfahrungen mit dem Instrument der "Baufreistellung" konnten die Anforderungen an dieses vereinfachte Verfahren reduziert werden. So entfällt das Erfordernis der Unterschrift des – zum Zeitpunkt der Einreichung ohnedies meist noch nicht bekannten – Bauführers. Diese Änderung ermöglicht eine Ausweitung der praktischen Anwendbarkeit des Baufreistellungsverfahrens.

Zusätzlich soll das einfache Verfahren der Baufreistellung auch für Betriebsgebäude, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen (zB Bürogebäude) zur Anwendung gelangen.

Einschränkung der Bewilligungspflicht bei Verwendungszweckänderungen
Die Bewilligungspflicht für eine Verwendungszweckänderung ist nur mehr im Fall zusätzlicher schädlicher Umwelteinwirkungen (für die Nachbarschaft) unbedingt erforderlich. In allen anderen Fällen ist eine Bauanzeige ausreichend. Diese Änderung wird eine weitere wesentliche Verfahrenserleichterung im oberösterreichischen Baurecht darstellen.

Änderung der Anzeigepflicht für Windkraftanlagen:
Windkraftanlagen, die nicht nach dem Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 bewilligungspflichtig sind, unterliegen unabhängig von ihrer Höhe der Bauanzeigepflicht. Dabei ist von der Baubehörde auch die Einhaltung der Abstandsbestimmungen zu Wohnliegenschaften nach dem Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 zwingend zu prüfen.

Anzeigepflicht für Photovoltaikanlagen und thermische Solaranlagen:
Die Novellierung der oberösterreichischen Bauordnung bringt auch eine klare Regelung für bestimmte Photovoltaikanlagen mit sich. Auslöser sind vermehrte Nachbarschaftsstreitigkeiten durch immer größere und modernere Photovoltaikanlagen. Im Interesse des Ortsbildschutzes ist für Photovoltaikanlagen und thermische Solaranlagen ab einer bestimmten Größenordnung eine baubehördliche Anzeige erforderlich.

Entfall der baubehördlichen Anzeigepflicht für Parabolantennen:
Der Anzeigetatbestand für allgemein sichtbare Parabolantennen mit mehr als 0,5 Meter Durchmesser hat in der Verwaltungspraxis keine praktische Bedeutung (mehr) und entfällt daher. Festzuhalten ist allerdings, dass der Baubehörde nach wie vor bei solchen Anlagen, die im Widerspruch zu baurechtlichen Bestimmungen (z.B. des Ortsbilds) stehen, eine Eingriffsmöglichkeit verbleibt.

Einwendungsmöglichkeit gegen heranrückende Bebauung:
Bislang hatten nur Inhaber von Gewerbebetrieben die Möglichkeit im Bauverfahren gegen eine heranrückende Wohnbebauung Einwendungen geltend zu machen. Künftig gilt diese Regelung auch für Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Damit müssen die Eigentümer neuer Wohngebäude im Nahbereich von Landwirtschaften selber für den Schutz gegen rechtmäßige Emissionen des Landwirtschaftsbetriebes Sorge tragen.

Wesentliche Änderungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 und
der Oö. Bautechnikverordnung 2013

Liberalisierung der Brandschutzvorschriften für Bauten aus Holz
Den neuen Entwicklungen im Holzbau wird durch die Übernahme der Richtlinie 2 „Brandschutz“ des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) Rechnung getragen. Dies führt zu einer wesentlichen Liberalisierung der bestehenden Vorschriften für Bauten aus Holz:

  • Holzbauten sind künftig bis zu vier Geschossen über dem Erdboden möglich (bisher maximal drei Geschosse)
  • breitere Anwendungsbereiche von brennbaren Baustoffen für Fassaden
  • Anpassung der Vorschriften für den Brandschutz bei Betriebsbauten an die Standards im mitteleuropäischen Raum (insbesondere Deutschland)
  • keine Anforderungen bezüglich Feuerwiderstandsklassen für Einfamilienhäuser (mit maximal einer Wohnung) 
  • Erleichterungen für Feuermauern von "Reihenhäusern" 

Umsetzung der baurechtlich relevanten Bestimmungen der neuen EU-Gebäuderichtlinie

  • Energieausweis NEU: Den Energieausweis gibt es in Oberösterreich bereits seit 1999. Der Energieausweis ist ein Dokument, das Gebäude energetisch bewertet und ist mit einem Typenschein für ein Auto vergleichbar. Neu ist aber nunmehr, dass die Primärenergie verpflichtend anzugeben ist.
  • Erhöhte energetische Anforderungen bei "größeren Renovierungen": Künftig müssen alle bestehenden Gebäude und Gebäudeteile bei größeren Renovierungen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz erfüllen, sofern dies technisch, funktionell und wirtschaftlich möglich ist. Derzeit gilt diese Verpflichtung nur bei einer umfassenden Sanierung von Gebäuden über 1.000 m². Unter "größerer Renovierung" werden Renovierungsarbeiten verstanden, die mehr als 25 % der Gebäudehülle betreffen und die Sanierungskosten mehr als 25 % des Gebäudewertes betragen.
  • Erweiterte Berücksichtigung alternativer Energiesysteme: Bisher war nur beim Neubau von Gebäuden mit einer Fläche über 1.000 m² eine Prüfung nach der technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit alternativer Energieanlagen (z.B. Solaranlage oder Wärmepumpeanlage) verpflichtend. Der Schwellenwert von 1.000 m² ist mit der neuen EU-Gebäuderichtlinie gefallen, weshalb zukünftig bei allen neuen Gebäuden die Berücksichtigung alternativer Systeme zu prüfen ist.

Verpflichtende Wärmedämmmaßnahmen bei bestehenden Gebäuden  
In Anlehnung an die Deutsche Energieeinsparverordnung ist vorgesehen, dass ungedämmte oder schlecht gedämmte oberste Geschoßdecken bei konditionierten Gebäuden im Zuge von bestimmten bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Baumaßnahmen entsprechend thermisch zu sanieren sind. Ersatzweise kann diese Verpflichtung auch durch eine entsprechende Dämmung des Daches erfolgen. Diese Neuregelung ist eine äußerst effiziente Maßnahme zur Energieeinsparung bei bestehenden Gebäuden.

Von dieser neuen Regelung sind Ein- und Zweifamilienhäuser ausgenommen; weiters besteht diese Verpflichtung nicht, wenn sich der erforderliche Aufwand nicht mittelfristig amortisiert.

Vorkehrungen für Solaranlagen auf dem Dach
Dächer von Hauptgebäuden – ausgenommen sind Wohngebäude mit bis zu drei Wohnungen – sind künftig so auszuführen, dass darauf Solaranlagen für die Warmwasseraufbereitung und Stromerzeugung angebracht werden können.

Ladestationen für Elektrofahrzeuge
Bei öffentlich zugänglichen Stellplätzen für KFZ und Fahrräder sind, soweit dort nicht ohnehin entsprechende Elektroinstallationen errichtet werden, zumindest Vorkehrungen für eine nachträgliche Installation von Ladestationen für Elektrofahrzeuge (z.B. Leerverrohrungen) vorzusehen. Dabei ist je 50 Stellplätzen mindestens eine Ladestation zu planen.

Anpassung der Bestimmungen über die Barrierefreiheit
Die bisherigen Bestimmungen über die barrierefreie Gestaltung von Bauwerken wurden aufbauend auf die Regelungen, wie sie in der nicht rechtswirksam gewordenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Harmonisierung bautechnischer Vorschriften vorgesehen waren, neu gefasst.

Darüber hinaus wurde die Aufzählung der Bauwerke, welche im Interesse der Besucher und Kunden barrierefrei auszuführen sind, auf folgende Bauten ausgeweitet:

  • Handelsbetriebe mit Konsumgütern (ohne Einschränkung auf jene des täglichen Bedarfs),
  • Gastgewerbebetriebe mit mehr als 25 Verabreichungsplätzen,
  • Beherbergungsbetriebe mit mehr als 20 Betten,
  • Betriebs- und Bürogebäude,
  • Kultur- und Sportstätten sowie
  • Garagen mit mehr als 1.000 m² Nutzfläche.

Die Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Wohnbauten besteht wie bisher für Gebäude mit mehr als drei Wohnungen. Auch die Verpflichtung zur Errichtung eines Aufzugs besteht unverändert erst bei Wohngebäuden mit mehr als 3 Geschoßen.

Weitere Vereinfachungen sind bei den technischen Anforderungen zur barrierefreien Gestaltung in der Oö. Bautechnikverordnung 2013 – durch zulässige Abweichungen von der einschlägigen ÖNORM – etwa in folgenden Fällen vorgesehen:

  • Wenn im Erdgeschoß ein barrierefreier, allgemein zugänglicher Nutzraum vorgesehen wird, erübrigt sich der Aufzug zu den im Keller gelegenen Nutzräumen.
  • alternative Lösungen anstelle der erforderlichen Bewegungsflächen bei Türen (zB Leerverrohrung für elektrische Türöffner, Aushängen des Türblattes,..)
  • kürzere Rampen innerhalb von Wohngebäuden durch stärkere Neigung (erfordert weniger Platzbedarf)

Kinderlärm ist keine schädliche Umwelteinwirkung
Anlassfall für die Gesetzesänderung war ein Baubewilligungsverfahren für einen Kindergarten in Wels. Nach Einwendungen der Anrainer hat man sich geeinigt eine zwei bis vier Meter hohe Lärmschutzwand zu errichten, damit die Anrainer vor Kinderlärm „geschützt“ werden. Geschätzte Kosten dafür: rund 50.000 Euro. Durch die Neuregelung können Einwände wegen Kinderlärms in Zukunft nicht mehr im Baubewilligungsverfahren vorgebracht werden. Die Bauordnung wird dahingehend geändert, dass Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Pflichtschulen oder ähnlichen Anlagen nicht mehr unter den Begriff „schädliche Umwelteinwirkungen“ fallen. Einwendungen im Baubewilligungsverfahren sind daher nicht mehr möglich. Oberösterreich ist übrigens das erste Bundesland, das Kinderlärm-Klagen unterbindet.

Bauen hinter Hochwasserdämmen
Technische Hochwasserschutzmaßnahmen wie Dämme bieten keinen absoluten Schutz. Durch technische Hochwasserschutzanlagen werden Teile des Hochwasserabflussbereichs bis zum Bemessungsereignis der Hochwasserschutzanlage (z.B. 100-jährlicher Hochwasserabfluss) hochwasserfrei. Bei Überschreiten des Bemessungsereignisses verliert die technische Hochwasserschutzanlage jedoch teilweise ihre Wirkung. Im Sinn eines vorbeugenden Katastrophenschutzes muss daher zukünftig bei Bauführungen hinter solchen Schutzmaßnahmen auf ein bestehendes Restrisiko Bedacht genommen werden. Im Speziellen sind Wohngebäude in diesen Restrisikobereichen hochwassergeschützt auszuführen.

Erweiterung der Ausnahmen von verpflichtenden Stellplätzen
Im innerstädtischen Bereich besteht bei Bürogebäuden die Möglichkeit einer teilweisen Nachsicht von verpflichtenden KFZ-Stellplätzen. Voraussetzung ist eine entsprechende Erreichbarkeit durch öffentliche Verkehrsmittel.

Adaptierung der Anforderungen an verpflichtende Stellplätze für Fahrräder
Die bisherige Verpflichtung zur Errichtung von Abstellplätzen für Fahrräder hat auch weiterhin Geltung. Durch den Entfall der Anforderung "ebenerdig" können künftig Fahrrad-Abstellplätze alternativ auch in Tiefgaragen, wenn eine entsprechende Zu- und Abfahrt gewährleistet ist, errichtet werden. Die Anzahl der Fahrrad-Abstellplätze zu Wohnanlagen wird im Hinblick auf die Erfahrungen in der Praxis reduziert.

Änderungen bei den Abstandsbestimmungen
 (Einbeziehung von Schutzdächern; Neuregelung der Ausnahmen)

Die bisher geltenden Abstandsregelungen im Oö. Bautechnikgesetz werden grundsätzlich übernommen. Künftig gelten auch für Schutzdächer vergleichbare Abstandsbestimmungen wie für Gebäude.

Darüber hinaus kommen im Interesse des Gewässerschutzes und der Gewässerbetreuung die gesetzlichen Abstandsbestimmungen auch für Bauten gegenüber öffentlichen und privaten Gewässern zur Anwendung.

Als weitere Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage werden die privilegierende Ausnahmebestimmung für Garagen und Gartenhütten generell auf Gebäude(teile) und Schutzdächer ausgeweitet, sofern sie nicht Betriebszwecken oder der Tierhaltung dienen. Für die an der Nachbargrundgrenze zulässigen Bauwerke sind aber im Interesse des Nachbarschutzes auch enge Beschränkungen hinsichtlich Höhe und Längsausdehnung vorgesehen.

Erleichterungen bei den Gemeinschaftsanlagen
Gemeinschaftliche Einrichtungen zum Wäschewaschen entsprechen nicht mehr den heutigen Bedürfnissen und sind daher nicht mehr verpflichtend. Bei Reihenhäusern (mit jeweils nur einer Wohnung), die im Regelfall ähnlich wie ein Eigenheim gestaltet sind, entfallen verpflichtende Gemeinschaftsanlagen.

Umsetzung der OIB-Richtlinien zur Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften

Die technischen Bauvorschriften der Länder weisen zum Teil erhebliche Unterschiede auf. Unterschiedliche technische Anforderungen stellen insbesondere für die Bauwirtschaft, die über die Bundesländergrenzen hinaus Bauwerke plant und ausführt, Hemmnisse dar und verursachen höhere Produktionskosten. Das Interesse der Bauwirtschaft an einer Harmonisierung der technischen Bauvorschriften ist daher groß.

Neu im oö. Baurecht ist zukünftig der Grundsatz der OIB-Richtlinien: "Alles ist möglich, sofern die Schutzziele eingehalten werden."
Die OIB-Richtlinien lassen über die Regelvorgaben hinaus auch weitergehende Bauführungen zu! Voraussetzung ist, dass das Erreichen der dort definierten Schutzziele bzw. die Einhaltung des Schutzniveaus im Einzelfall entsprechend nachgewiesen wird.